Wie so oft, wenn Wetterereignisse umfangreiche Auswirkungen haben, wurde nach dem Starkregen im Mai und Juni und den damit einhergehenden Überschwemmungen in zahlreichen Regionen Deutschlands die Forderung der Länder und Verbraucherverbände nach einer Versicherungspflicht laut.
Nach Angaben des Verbandes der deutschen Sach-Versicherer (VDS) sind 54 % der 18 Millionen Häuser in Deutschland versichert – und damit 46 % nicht. Bei den Überschwemmungen des Ahrtals 2021 hat die öffentliche Hand daher Schäden in Höhe von €30 Mio. finanziert.
Drei Jahre später, nach einer Reihe von jüngsten Überschwemmungen in Niedersachsen und Bayern fragte sich Deutschland, ob es nicht das französische Modell des Regimes für Naturkatastrophen übernehmen solle, welches die Kosten zwischen der privaten Versicherungswirtschaft und dem staatlichen Rückversicherer Caisse Centrale de Réassurance aufteilt.
Am 20. Juni hat der Bund den Gesetzesentwurf der Länder zur Einführung einer verpflichtenden Elementarschaden-Versicherung für Hausbesitzer abgelehnt. Bei der Gesetzesvorlage hatte man sich am „französischen Modell“ orientiert.
Doch was genau steckt hinter dem französischen Model, welches unter dem Namen „Catastrophes Naturelles“ (kurz „CatNat“) bekannt ist und warum wurde es abgelehnt?
Es handelt sich um eine gesetzliche Regelung von Naturkatastrophen, welche auf einem Gesetz vom 13. Juli 1982 basiert und die Absicht hat, jedem seiner Bürger eine angemessene Entschädigung im Falle eines durch ein Naturereignis verursachten Schadens zu garantieren.
Das Model CatNat wird mit der Struktur eines Gebäudes verglichen und basiert auf einem Pflichtenheft des Gesetzgebers, welches einen dauerhaften Versicherungsschutz zu einem erschwinglichen Preis vorschreibt, ohne die Prävention zu vernachlässigen. Als starkes Fundament gilt zum einen die gemeinschaftliche Solidarität, mit welcher die Vereinheitlichung der Prämiensätze ungeachtet der Risikoexposition gemeint ist, und zum anderen die eigene Verantwortung, welcher mit obligatorischen Selbstbehalten und vorgeschriebenen Risikopräventionsplänen Rechnung getragen wird.
Die Säulen: Private Versicherung und staatliche Rückversicherung
Der Entschädigungsmechanismus wird über die staatlich-private Partnerschaft in Gang gesetzt: Die öffentliche Verwaltung ist für die Feststellung einer Naturkatastrophe durch Veröffentlichung im Amtsblatt verantwortlich. Das beschädigte Objekt muss durch eine Schadensversicherung gedeckt sein. Die private Versicherung und die staatliche Rückversicherung bilden die Säulen des Gebäudes. Um ein Versagen des Systems zu verhindern, hat der Gesetzgeber daher ein Eingreifen des Staates als letztes Mittel vorgesehen. Die Staatsgarantie als Schlussstein wird der Caisse Centrale de Réassurance (CCR) gewährt. Diese Garantie stellt also die letzte Stufe des Gebäudes dar, das durch die CatNat-Regelung dargestellt wird.
Finanzierung: Konsumentenschutz oder Eigenverantwortung?
Seit der Einführung der Regelung wurde der Satz für die Zusatzprämie zweimal erhöht. So wurde der Zusatzprämiensatz für Nicht-Auto-Sachschäden 1983 von 5,5 % auf 9 % und 2000 von 9 % auf 12 % angehoben. Bei den Entschädigungen gilt als Spitzenreiter die Trockenheit in 2022, welche zur Naturkatastrophe deklariert wurde. Durch sie waren 92 von 100 Départements betroffen, insgesamt 6.719 Gemeinden. Die bezahlten Schadenskosten beliefen sich auf €3,8 Mrd. Zu den Top 20 deklarierten Naturkatastrophen seit 1999 zählen vor allem Überschwemmung und Dürre.
Das System ist seit 2015 defizitär. Auch aufgrund unterschiedlicher globaler Krisen ist das Prämienniveau in der Sach- und Betriebsunterbrechungsversicherung weltweit auf einem hohen Niveau. Auf die bereits hohen Sach- und Betriebsunterbrechnungsprämien sollen französische Unternehmen ab nächstem Jahr einen zusätzlichen Prämiensatz von 20 %, also ein Fünftel der Sachprämie für Naturkatastrophen bezahlen – ungeachtet der Risikoexposition.
Zum 01.01.2025 wird nämlich der Prämienzuschlag bei Schadenversicherungen von Unternehmen von 12 % auf 20 % erhöht, während der CatNat-Prämienzuschlag für Privatpersonen sich lediglich von € 26 auf € 42 erhöht.
Hier wird, ähnlich wie auch in der Bauversicherung, der Konsumentenschutz über die Eigenverantwortung gestellt. Deshalb ist die Ablehnung der Gesetzesvorlage von Seiten des Bundes keine wirkliche Überraschung.
Warum wir von einer ganzheitlichen Betrachtung profitieren
Im französischen Modell werden häufig die sehr geringen Beiträge für Privatpersonen diskutiert, während die zweite Komponente, die ebenfalls verpflichtende Zusatzprämie der CatNat für Unternehmen, welche auf jede Schadenversicherung aufgeschlagen wird, seltener Beachtung findet. Die teure Prämie der Unternehmen und die günstige Prämie der Privathaushalte fließen auf Seiten der Versicherer jedoch in einen gemeinsamen Pool.
Für Deutschland wäre eine Regelung wünschenswert, die zwar einen verpflichtenden Schutz auch für Privatpersonen enthält, sodass Steuerzahler im Schadenfall nicht einspringen müssen. Gleichzeitig sollte die unterschiedliche Schwere des Risikos bei der Prämienberechnung berücksichtigt werden und eine Quersubventionierung der privaten Beiträge durch Firmenprämien vermieden werden.